Gedanken eines Trainers

Facebook – ein Segen für den, der nicht dabei ist?

facebook - Mit Hunden leben
geschrieben von Carsten Wagner

Entscheidet man sich für einen Hund, stellt sich auch schnell die Frage der Erziehungsmöglichkeiten. Die Vielzahl der Möglichkeiten ist auf den ersten Blick erschlagend hoch, das Angebot der Lehrstuben noch viel höher. Ratschläge bekommt man jetzt überall. Durch den Einzug von Facebook ist es außerdem ermöglicht worden, dass jeder seine eigene Domianshow frei nach Herzenslust gestalten kann. Pauschalisiertes Wissen wird hier verschleudert wie die billigste Handelsware, die zum Sommerschlussverkauf rausgeschmissen werden muss. Einige scheinen es gar nicht mehr abwarten zu können, eine Sache kommentieren zu dürfen. Ich bin kein Fan von Domian, doch was ich an seiner Show schätze, ist sein Anstand, sein Feingefühl und seine sachliche und höfliche Art, vor allem bei nicht geteilter Meinung. Dies sollten Grundsätze einer Diskussionsrunde sein.

Eine Meinung geht nicht grundlegend mit der Wahrheit Hand in Hand, auch wenn das oft geglaubt wird. Meinungen sind rein subjektiver Natur und haben daher keinerlei Berechtigungen auf Rechtsansprüche. In der Hundewelt scheint man das offensichtlich nicht verstanden zu haben. Die sogenannte Ellenbogengesellschaft ist eine Streichelgruppe gegenüber der Hundegesellschaft.

Diese gesichtslose Kommunikation in Facebook lässt das soziale Gespür bedenklich absterben. Erwachsene rotten sich in visuellen Gruppen zusammen und verletzen auf hohem Kinderniveau. Beim Kinde wird’s gemahnt und der Erwachsene lässt das Internetmobbing mit völlig neuen Kreationen aufblühen. Die Anonymität lässt leider nicht mehr genau erkennen, wann Grenzen übertreten werden und ab wann man den Menschen nicht mehr als Mensch sieht, sondern ihn als visuellen Punchingball wahrnimmt, den man nach emotionaler Befindlichkeit verbal treten und prügeln kann. Würden diese geführten Dialoge in Facebook so in realen Diskussionsrunden geführt werden, hätten die Notfallkliniken so viele Aufträge wie nie zuvor.

Ich versuche mich stets an den Satz von Sokrates zu halten, der sagte: „Der klügste Mann auf der Welt ist der, der weiß, das er nichts weiß.“. Vielleicht wäre es gar nicht so verkehrt, wenn sich Viele diesen Satz auf einen Zettel schreiben würden und diesen an den eigenen Monitor kleben, bevor sie auf alles eine Antwort geben wollen. Ich weiß, dass das Wesen Hund so komplex ist, dass keiner immer sofort eine Antwort parat haben kann, da es so viele Symptome wie es Ursachen gibt. Für den Hund gibt es keine Gebrauchsanweisung.
Daher sollte jeder sehr vorsichtig damit sein, ein zu schnelles Urteil abzugeben, wenn die Zusammenhänge nicht 100% klar erkennbar sind. Das Hineininterpretieren der eigenen Wertvorstellungen, die zu oft von den eigenen negativ beladenen Erfahrungen aus einer militärischen Hundesportära der alten Zeit emotional geprägt sind, wo Bier und Korn die Härte unterstrichen, nützen niemandem etwas, wenn es um konstruktives Arbeiten geht. Wer fragt entwickelt sich weiter, wer anklagt bleibt stehen!
Andere Meinungen, Standpunkte und Herangehensweisen in Betracht zu ziehen, um die eigenen Motive, wenn es nötig ist, mit neuem Wissen zu überspielen, halte ich für eine Charakterstärke und dies fördert die Entwicklung.
Natürlich werde ich mit diesem Geschriebenen nicht die Diskussionsrunden bei Facebook in Friedensportale verwandeln. Was ich aber möchte, ist, dass auf meiner Seite der Ton freundschaftlich und respektvoll gehalten wird. Ich habe nichts gegen gut gemeinte Spitzen, aber Arroganz und Überheblichkeit dürfen da angebracht werden, wo es das Niveau auch zulässt.

Konstruktive Kritik ist die Grundlage für den guten Dialog, alles andere ist Zeitverschwendung.

www.mit-hunden-leben.com

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Carsten Wagner

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