Verhalten / Beratung

Bullterrier attackiert Besitzer – Hilfe in 1400 km

Bullterrier mit Maulkorb
geschrieben von Carsten Wagner

Kann man ein Verhalten in kurzer Zeit verändern? Die Miniatur Bullterrier Hündin Paula zeigt seit Welpenalter starke Konfliktbereitschaft. Im Laufe der Entwicklung zeigten sich gefährliche Verhaltensreaktionen, die den in Halter Angst und Schrecken versetzten.

Paula maßregelte mit Bissen jeden, der sich erlaubte, ihre Rolle infrage zu stellen! Angeratene Strenge schaffte noch mehr Aggressionen. Ignorieren führte zu noch mehr Frustration, die wieder in Aggression endete. Ist ein manifestiertes Verhalten veränderbar!

In diesem sehr schönen Feedback der Halterin und dem dazu gehörigen Artikel erfährst du, warum es uns gelungen ist, den Hund in nur 4 Tagen, ohne Training, in eine Stabilität zu bringen. Keine 5 Monate! Keine 4 Wochen! 4 Tage.

Aber lest selbst!

Eine Reise ins Ungewisse

Wir haben im Mai die weite Reise von 700 km pro Strecke auf uns genommen, in der Hoffnung, dass Carsten uns helfen kann. Denn unsere Miniatur-Bullterrier Hündin Paula bestimmt mittlerweile unseren Alltag. Sie zeigt in unterschiedlichsten Situationen, von jetzt auf gleich, Aggressionen, da sie nicht zur Ruhe kommt und wir waren langsam mit unserem Latein am Ende.

Bei Carsten angekommen, wurden wir erstmal herzlich empfangen und wir hatten ein sehr langes Gespräch, in dem er sich ein Bild von Paula und uns gemacht hat. Carsten hat uns in diesem Gespräch erstmal erklärt, dass Paula Angst vor Nähe hat und Territorialverhalten zeigt.

In den darauffolgenden Tagen hat er uns Übungen gezeigt, wie wir Paula beibringen, zur Ruhe zu kommen und Stress abzubauen. Wir waren schon am zweiten Tag völlig überrascht, wie Paula entspannter wurde und keine Aggressionen mehr zeigte. Wir waren so erleichtert und üben jetzt täglich mit ihr und sind bis jetzt schon sehr zufrieden.

Es wird noch ein langer Weg werden, aber wir sind zuversichtlich, dass wir das mit Carsten zusammen schaffen werden. Wir freuen uns schon, bald wieder die lange Reise auf uns zu nehmen, um mit Carsten dann weiter an Paula zu arbeiten. Bis dahin können wir nur immer wieder Danke sagen. Familie Freund.

Entfernungen sind keine Garantie

Hohe Verantwortung ohne Garantieversprechen!

Ein sehr schönes Feedback. Wenn Menschen bereit sind, eine Reise von insgesamt 1400 km anzutreten, um dem eigenen Hund zu helfen, ist das bemerkenswert. Ich muss offen gestehen, dass ich gerührt bin, wenn Menschen diese Strapaze auf sich nehmen, weil sie alle Hoffnung in diese Reise setzen, und letzten Endes in mich. Ich bin mir durchaus bewusst, dass die Hinfahrt wie eine Fahrt ins Ungewisse wirkt. „Kann er uns wirklich helfen?“. „Hoffentlich machen wir diese Fahrt nicht umsonst!“. „Wir haben schon einige Trainer durch, was wird er wohl anders machen?“.

Ich bin kein Wunderheiler, ein Trainer, wie es so viele gibt und ob ich den Menschen helfen kann, oder nicht, das weiß ich erst dann, wenn wir uns begegnen.

Der erste Kontakt

Paula hat jeden im Blick

Meine erste Begegnung mit Paula war distanziert. Ich kannte ihre Vorgeschichte! Die zuvor gesendeten Videos zeigten diese Dame wutentbrannt. Ich hatte also ein Bild von ihr im Kopf. Sie jedoch noch keins von mir! Hunde wie Paula wittern jeder Chance, um ihren vereinnahmenden Charakter zu präsentieren.

Unsere erste Tuchfühlung beschreibe ich als dynamisch. Von jetzt auf gleich machte Paula mit ihrer Haltung klar, dass es ihr egal ist, ob sie sich auf meinem Grundstück befand oder nicht. Sie suchte die Nähe zu mir, um im nächsten Moment einen direkten gehemmten Biss entgegenzubringen. Ich kannte sie schon, sie mich nicht. Umso überraschender war für sie meine Reaktion. Meine Ruhe konnte sie nicht einschätzen. Familie Freund sagte, dass an dieser Stelle für alle Trainer Schluss war.

Noch bevor ich mich ins Beratungsgespräch eingefunden hatte, fingen wir diesmal ganz anders an. Ich entschied mich für die Belastungsphase, um zu sehen, wie lange Paula in ihrer Aggression verharrt und wann, vor allem aber wie, sie ihre Strategie begann zu ändern. Sie ging strategisch vor! Sie suchte ihre Gelegenheit, zu attackieren. Lauerte, spielte Frieden vor, setzte dann zur Attacke an, als ich mich bewusst abgewendet hatte! Es reichte ein Vermeiden des Augenkontakts mit leichtem, kaum spürbarem Herausdrehen aus der Situation. Blitzschnell setzte sie zum Biss an! Ein eindeutiger Hinweis einer erlernten Verhaltensstrategie.

Die anhaltende Dynamik der kleinen Maus, die wir an einem bestimmten Punkt in die Entlastung gleiten ließen, zeigte uns das ganze Ausmaß ihrer Verhaltensreaktion. Freunde waren im Haus zugegen. Sie schauten sich den langandauernden Ausraster der Görlitzer Tussi aus dem Fenster an.

Ihnen schlief das Gesicht ein! Ein Widerstand, mit solch einer Vehemenz, war ihnen noch nicht begegnet.

Es war Zeit für den Kaffee! Das anschließend lang geführte Gespräch deckte eine unzählige Liste an Ursachen auf, die es den Haltern erstmals ermöglicht, reflektiert, nüchtern und verständlich zu begreifen, warum Paula dieses Verhalten zeigen musste. Nach dem zweiten Kaffee klärte ich die Schuldfrage. Nach dem dritten Kaffee die Motive. Eine Notwendigkeit, um das richtige „Training“ anzuwenden.

Hat das Ende der Leine immer Schuld?

Wir gingen Punkt für Punkt der Reihe nach durch. Je mehr Ursachen wir aufdeckten, umso weniger wurde die Last der Schuld auf den Schultern der Halter. Diese schleppten sie schon lange genug herum. Schuldfragen sind nicht einfach zu klären. Wir müssen drei unterschiedliche Systeme zu Rate ziehen, bevor wir urteilen.

Die Außenwelt verteilt Urteile schnell, ungeprüft und pauschal. Aber das kennst du selbst! Der Unfähigkeit bezichtigt, wirken Suggestionen – „Du bist schuld! Der Hund ist gefährlich! Dem Hund kann man nicht mehr helfen! Es war doch klar, dass dieser Kampfhund austicken wird!“, usw. – unterschwellig und nachhaltig. Der Zweifel und das schlechte Gewissen festigen sich als Glaubenssatz. Doch: Verhaltensauffälligkeiten haben Gründe, die selten isoliert zu betrachten sind.

Schuld und Sühne sind schwerer Stoff – lass ihn einfach stehen!

Paula und die verborgenen Gründe ihrer Auffälligkeiten

Wir gingen die Liste meiner Beobachtungen durch:

  • Depriavation – Hospitalismus: Ursprung Genetik und Züchter
  • Soziale Deprivation: Ursprung Genetik und Züchter
  • Androgenisierung – Vermännlichung der Hündin: Ursprung Mutterleib Hündin
  • Statusbedingte Motive – unterstützt durch die Androgeniesierung und dem eigen Verhalten – ungünstige Ratschläge (Dominieren, Unterdrücken) verstärkte das Dilemma: Ursprung: Halter handelt richtig, aufgrund der vermittelten Ratschläge des Hundetrainers.
  • Ressourcenbedingte Motive – eigenes Verhalten / ungünstige Ratschläge: Ursprung Halter handelns richtig, aufgrund der vermittelten Ratschläge des Hundetrainers.
  • Ritualisierte Verhaltensweisen – Verhaltensweisen sind automatisiert, ohne unser bewusstes Wirken – Rituale bringen Sicherheit
  • Lückenhaft ausgeprägtes Nervensystem – Sympathikus /Parasympathikus (schlecht ausbalancierter Tonus): Ursprung im Mutterleib und Züchter
  • Lückenhaft ausgeprägtes Stresssystem – schlecht geeichtes Hormonsystem, zu hoher Cortisolspiegel (Dauerstress – Chronisch): Ursprung im Mutterleib und Züchter
  • Neurotransmittersystem unsauber geeicht – geschieht bis zur 12. Lebenswoche: Ursprung im Mutterleib, Züchter, ⅓ Halter Unerfahrenheit
  • Emotionale Kontrolle und Orientierungslosigkeit – Bedingung für erlernte Hilflosigkeit und psychosomatische Störungen
  • Anzeichen Stereotypie: Genetik, erlernt
  • Isolation im Welpenalter – schlecht geprägtes Menschenbild: Ursprung Züchter
  • unzureichende Sozialisierung – massive Angriffe auf Besen, Staubsauger usw.: Ursprung Züchter/Isolation
  • undifferenziert ausgebildete Gehirnareale – Amygdalaschaden: Genetik, Züchter
  • schlechte Frustrationskontrolle: Genetik, Züchter, ⅓ Halter Unwissenheit
  • schlechte Erregungskontrolle
  • Regeltreue schlecht entwickelt – von Haus aus Kontra

Ich könnte die Liste noch weiterführen. Im bald zugänglichen Mitgliederbereich findest du die Erklärungen im Detail und welchen Einfluss sie auf ein gezeigtes Verhalten haben. Eines haben wir geklärt!

Den Haltern fiel ein Stein vom Herzen!

In meinen Beratungsstunden zeigt sich ein Phänomen: Hat der Kunde das Warum verstanden, fällt es ihm leichter, das Verhalten des Hundes zu akzeptieren. Akzeptieren wir, beginnen wir zu verändern. Fakt ist: Verhalten ist kompliziert. Es kann berechnend, absichtlich, taktisch und dosiert sein.

Ein Hinweis auf Kalkül! Zeigen sich Verhaltensweisen unberechenbar, unabsichtlich, willkürlich, nicht dosiert, dürfen wir in Betracht ziehen, dass tief verborgene Ursachen am Werk sind, die den Hund situativ fremdsteuern. Auffällig ist dabei der fehlende Zugang zu den eigenen Emotionen.

In der Wut gefangen, steht der Hund sich an dieser Stelle selbst im Weg. Gefangen in einer emotionalen Schleife, spult er sein Verhalten immer und immer wieder automatisiert ab. Er hat keinen direkten Zugang zu sich selber! Jeder, der cholerische Annoncen in seinem Charakter vorfindet, kennt die eigenen Ausraster. Im Moment der Rage geht man über Leichen.

Im Augenblick der Besinnung spürt er die Reue! Er geht in gleichem Verhältnis mit sich ins Gericht, wie er in den Krieg gezogen ist. Ein Auf und Ab und das auf Knopfdruck! Choleriker haben es nicht leicht.

Fangen sich Mensch und Hund, wirken sie erschöpft, geschwächt, verletzlich! So war es auch mit Paula. In den 4 Tagen arbeiteten wir therapeutisch und nicht klassisch. Familie Freund war verwundet! Unsere „Sitzungen“ glichen einer Gesprächstherapie! Von klassischer Hundeschule oder einem vorgeschlagenen Trainingsweg war nichts zu finden.

Warum auch?! Therapie hat nichts mit Training zu tun, sondern mit Wandlung. Aggressionsmuster, so wie bei Paula, lösen sich nur auf, wenn wir Paula mit ihren Wutausbrüchen konfrontieren. Ich erklärte der Familie, dass es situativ turbulent werden wird.

Ziel ist es, Paula über ihre Aggression in eine Erleichterung zu führen, die in ein tiefes Ausschütteln mündet. Dieses Schütteln kommt von tief innen her. Die Herausforderung besteht darin, diesen Vorgang der Konfrontation mit den eigenen Emotionen nicht zu zeitig und nicht zu spät abzubrechen. Es ist ein therapeutischer Vorgang.

Wir wählten für die Konfrontation einen „Behandlungstisch“ aus! Familie Freund wollten verändern. Kein Aber, keine Beklemmungen, tiefstes Vertrauen, in das was ich mache! Jede kleine Sitzung – wir machten 3-5 Wdh – war mit explosiven Ausbrüchen hinterlegt. Aggression – Erschöpfung – Enge – und Raum!

Konzentration, Spannungen, Entspannung und Emotionen. Das lag in der Luft!

Die Görlitzer waren fassungslos! Nach jeder kleinen Sitzung gingen wir in die Bewegung. Und obgleich Paula auf dem „Behandlungstisch“ ihren Emotionen begegnen musste und über die Hysterie in die Erschöpfung glitt, rannte sie wie gestochen immer wieder zum Tisch, sprang hoch und war bereit für die nächste Sitzung.

Orte die Heilung versprechen, sucht man von ganz alleine auf!

Ich habe Familie Freund erklärt, dass Emotionen tief sitzen. Konflikte mindestens genauso tief. Je nach Entstehung. Erfahrungen sind dekodierte synaptische Veränderungen an den Nervenzellen! Diese Verflechtungen sind eng mit körperlichen Spannungen verbunden. Lösen wir geschickt physische und psychische Blockaden, zeigt sich das situativ in einem aus der Tiefe kommenden Ausschütteln.

Hunde haben ein sehr gutes Körperbewusstsein (Chiropraktik Anika). Das Video zeigt einen Bullterrier, der die Chiropraktik als einen Ort der Heilung und Befreiung von Blockaden erfahren hat. Esoterisch? Vielleicht! Für mich zählt das Ergebnis. Und daher kann man das nennen, wie man will! In den ersten Sitzungen war kein Anfassen möglich. Nach der 4 Sitzung hat der Bullterrier danach verlangt, auf dieser Matte sein zu dürfen. Wie im Video zu sehen ist, schläft er voller Vertrauen ein!

Paula hat sofort gemerkt, dass die Art der emotionalen Konfrontation auf dem „Therapietisch“ hilft, tief verkapselte psychische Spannungen loszuwerden. Therapien sind nicht immer schön. Wenn es ans Eingemachte geht, offenbaren sich die unangenehmen Dinge. Die beiden Hundehalter waren unfassbar klar und bei der Sache! Das hat Paula Vertrauen vermittelt. Diese Erfahrung war wertvoll!

Es ist nun 3 Wochen her! Wir haben noch einige Schritte telefonisch umgestellt. Doch das Fazit kann sich sehen lassen!

Die Halter schreiben: „Paula ist zu Hause viel entspannter geworden. Wir haben bis heute keinen aggressiven Auslöser mehr. Vor der Reise war sie täglich gefährlich! Heute ist sie für ihre Verhältnisse richtig charmant geworden. Sie kommt auch in ihrem Zimmer so richtig zur Ruhe. Sie kotet und uriniert nicht mehr hinein. Zerstört nichts mehr und geht freiwillig in ihren Raum, ohne zu attackieren. Von 100 auf 0 gesetzt, ohne trainiert zu haben ist einfach unglaublich!“.

Mit Hunden leben – Hundeschule

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Carsten Wagner

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