Verhalten / Beratung

Hunde klären das schon unter sich

Jack Russell - Bulldogge - Mit Hunden leben
geschrieben von Carsten Wagner

Immer wieder hört man diese Aussage, und wieder und wieder sind die Menschen verunsichert, ob dies nun wirklich so ist oder nicht. Ich bin der Meinung, dass dies nur bedingt zutreffen kann.
Gegen die Meinung, dass Hunde alles unter sich klären, ist erstmal nichts einzuwenden – wenn da nicht das Wörtchen “wenn” wäre. Denn wenn alle Hunde instinktsicher wären, wenn alle Hunde gescheite und geschulte Besitzer ihr eigen nennen dürften, wenn alle Hunde absolut gesundes Erbmaterial aufweisen würden, wo alles ist, wie es vom Ahnen Wolf so gedacht war (besser gesagt von Mutter Natur), und wenn jeder Hund eine optimale Entwicklung in all seinen Entwicklungsstufen genossen hätte, dann darfst du das natürlich den Hunden überlassen – wobei darauf zu achten ist, dass bei einer läufigen Hündin aller Anstand aussetzen kann. Hier könnte es aus ganz anderen Gründen zu bösartigen Verletzungen kommen. Des Weiteren wäre eine Grundvoraussetzung für ein harmonisches Zusammentreffen der vierbeinigen Freunde eine hundertprozentige Führungsqualität der jeweilig dazugehörigen Menschen. Die Realität sieht aber oftmals ganz anders aus. Wer schon als Führer mit weichen Knien in eine Konfrontation geht, kann von seinem Hund keine Seriosität erwarten. Er wird mindestens genauso unsicher sein wie sein Führer. Das wiederum schafft innerartliche Kommunikationskonflikte, was schnell falsch gedeutet werden kann.

Erst vor Kurzem hatte ich persönlich eine Erfahrung, die mich vorsichtig sein lässt. Ein Bursche auf seinem Fahrrad, äußerlich konnte man sein soziales Geflecht der Drogenszene zuordnen, fährt gemütlich durch die Gegend. Er war überall, nur nicht im Hier und Jetzt. Im Schlepptau, freilaufend, ein unglaublich schöner und sehr kräftiger American Bulldog, der seinen Gang plötzlich sehr tief anlegte und in Lauerhaltung fixierend auf meine Jack-Russel-Terrier-Hündin preschte. Offenheit sieht anders aus, denn unsere kleine Hündin war sehr beeindruckt und unsicher. Sie suchte sofort nach Führung und Schutz, den ich ihr natürlich sofort gab. Der American Bulldog war etwas verblüfft, als ich ihm erklärte, dass er hier, in meinen sozialen Bereich, nicht so ohne Weiteres einbrechen kann. Er ließ auch sofort von uns ab und holte sich die nächste Gassi-Gängerin. Ihr Geschrei signalisierte mir, dass sie damit überfordert war. Als er mit ihr fertig war, lief der Hund gleich zum nächsten Gespann. Witzigerweise rief mir der Bursche, mit ziemlich breiter Stimme, zu, ich solle seinen Hund nicht schlagen, der tue doch keinem was. Diese gnadenlose Dummheit und Ignoranz ist es, was die Rasseliste aufrechterhält. Wen wundert es. Mir war auch nicht ganz wohl bei der Sache. Doch ich dachte mir, lieber sterbe ich durch den Hund als durch meine Freundin, denn es ist ihr Hund. 😉 Nein, ganz im Ernst.

Bevor Sie also solch einer Aussage, Hunde klären das alles unter sich, blindlings Glauben schenken, überprüfen Sie besser die Hunde und deren Besitzer. Ich halte mich da etwas bedeckt, denn wie schon so oft erwähnt, sind innerartliche Rudel nicht das Gleiche wie das gelegentliche Zusammentreffen mehrerer Hunde. Einfache und klare Hunde kommen immer miteinander klar. Davon bin ich überzeugt. Aber einfach ist selten.

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Carsten Wagner

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