Verhalten / Beratung

Kommunikationsmodelle

Gedanken - Mit Hunden leben
geschrieben von Carsten Wagner

Immer wieder entwickeln sich neue Kommunikationsmodelle, die den Hund noch artgerechter ansprechen sollen. Von einfachen Handzeichen bis zum Blockieren des an der Leine ziehenden Hundes durch Davorspringen scheint es langsam keine Grenzen mehr zu geben. Manchen Hundehaltern wird empfohlen, die Hand beim Kommando „Hier“ seitwärts zu halten, um den Hund nicht beim Kommen zu provozieren, da die Körpersprache des Hundes frontales Herannahen als Angriff deuten könnte. Anderen wiederum erteilt man den Rat, dem Hund ins Ohr zu beißen, um eine Aktion zu unterbrechen. Erst letztens sah ich einen ausgebildeten Trainer, der einen “RESSOURCEN-bezogenen“ Hund wieder ins Gleichgewicht bringen wollte, indem er die Ressource “Ball”, auf den der Hund leicht fixiert war, in den Mund nahm und auf allen Vieren vor dem recht irritierten Hund in stolzer Haltung vorbei lief. Näherte sich der Hund, wurde er verbellt.
Es liegt mir fern, dieses gespielte und aufgesetzte Verhalten zu werten, denn gewiss findet dieses imitierte Hundeverhalten bei den Anhängern seinen Zuspruch und das ist auch vollkommen in Ordnung. Gefährlich wird es nur dann, wenn der Laie versucht, bei einem wirklich charakterstarken Hund, der in Bezug auf Ressourcen eine absolute, beschädigende Aggression zeigt, mit dieser Form der Kommunikation ein Resozialisierungsprogramm zu starten. Ich kannte selbst solch einen Hund, der, wenn er Futter vor sich hatte, das kompromisslose Tier offenbarte, als die Triebe in all ihrer Wildheit ihre Aktivierung fanden. Bei einem etwa 30 kg schweren American Staffordshire Terrier, der fest entschlossen war, seinen Besitz zu verteidigen, ging mir vieles durch den Kopf. Was mir allerdings nicht durch den Kopf ging, war, auf allen Vieren in die Nähe des Futters zu gehen. Ich bin mir sicher, dass diese Idee meine letzte gewesen wäre. Auch glaube ich fest, dass dieser Trainer diese Art der Kommunikation nicht in dieser Situation anwenden würde.

Was ich damit zum Ausdruck bringen möchte, ist Folgendes. Viele der neu entstehenden Ausbildungsmethoden finden ihre Grenze genau dann, wenn sich das kompromisslose Tier im Hunde zeigt. Wenn alles gelernte Bestechen seine Substanz verliert, das wahre Wesen der Natur sein Gesicht zeigt, hilft in meinen Augen nur noch, das Ursprüngliche mit dem Ursprünglichen in Verbindung zu bringen. Das Tier im Hunde muss sich im Tier des Menschen wiederfinden können. Es darf nicht verlangt werden, dass sich das Tier in der Welt der Gedanken und Begriffe zurechtfindet. In diesem Labyrinth der Logik und Moral verliert sich dessen Wesen bis zur Erschöpfung und Neurose. Zurück bleibt eine Spezies, die nie wirklich zur Ruhe kommen wird. Die Traumwelt des Menschen verschluckt die Realität des Hundes und kreiert immer wieder Neues, um die Vermenschlichung des Hundes zu kaschieren. Bei manch eingeschlagenen Wegen sollte man lieber wieder etwas zurückgehen, bevor man weiter gedankenverstrickt nach vorne prescht und sich möglicherweise ganz verläuft. Das Ursprüngliche verträgt nichts Menschliches.

Meine derzeitige Methode weist ebenso Schwächen auf, wie sie Stärken zu verzeichnen hat. Die grösste Schwäche meiner Art der Kommunikation bin ich allerdings selbst.

www.mit-hunden-leben.com

Über den Autor

Carsten Wagner

Kommentar

  • …. das ist das beste, was ich seit langem gelesen habe 🙂 VIELEN VIELEN DANK….. ja, ich weiß, von was sie reden …. habe einen sehr ursprünglichen Ca de Bestiar-Mix und muss zu meinem größten Leid und Bedauern, was diesen tollen Hund angeht, zugeben, dass ich ALLES, was nur falsch zu machen ging, von Anfang an falsch gemacht. Hatte ihn mit 6 Wochen…. war ZIG mal in Welpen-Raufstunde…usw.

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