Verhalten / Beratung

Die Rangordnungsphase

Team - Mit Hunden leben
geschrieben von Carsten Wagner

Hunde haben verschiedene Phasen, in denen von der Natur klar gesteckte Zielvorgaben erlernt werden müssen, um das Leben im Sozialverband meistern zu können. Die Rangordnungsphase ist für mich deshalb so interessant, weil das Ende dieser Phase auch das Ende der Welpenzeit einläutet. Der Anfang der Mensch-Hund-Beziehung findet zwar in der Sozialisierungsphase statt, doch der Ausbau und das Festigen des Vertrauens und Respekts findet hier seine Bedeutung. Hier unterlasse ich jedes Begrenzen und vor allem jedes Korrigieren. Mein Einbringen ist mit Bedacht gewählt und meine Konzentration liegt in der Konsequenz. Auf den ausbilderischen Hintergrund möchte ich hier jetzt nicht eingehen, vielmehr sollen bestimmte Verhaltensweisen der Welpen untereinander aufgezeigt werden, die sich im eigenen Sozialverband befinden.
Welpenspielstunden liegen oft in dieser brisanten Zeit, weshalb ich ohne Grundsubstanz im Beziehungsaufbau diese oft unkontrollierten Begegnungen meide. Diese nicht selten negativ beladenen Erfahrungen können viel zu einschneidend sein, als dass sie später so ohne Weiteres wieder verändert werden könnten. Lernphasen sind Zeitfenster, die nur kurz geöffnet sind. Ist es geöffnet, dann schwappen alle Informationen und Erfahrungen sehr nachhaltig ins Gedächtnis. Jede noch so kleine Lektion brennt sich quasi ins Gehirn des Welpen. Einseitige, unbedachte Spielstunden hinterlassen Spuren, die Sie ab dem 9. Monat auch zu spüren bekommen.

Obgleich die Rangordnung beim Hund schon in den ersten Lebenswochen eine Rolle spielt, hat diese Phase von der 12. – 16. Lebenswoche eine tiefgreifendere Bedeutung. Wie der Name schon sagt, dreht sich alles um die Rangordnung. Der Lerninhalt ist vielschichtig und äußerst komplex. In dieser Phase finden häufig heftige Raufereien statt, die hintergründig auch der Selektion dienen. Rangordnungskämpfe im Welpenverband dienen zur Klärung von Konflikten und helfen dem Welpen, ritualisierende Verhaltensweisen des Kommentkampfes (Kampftechnik und Ausdrucksverhalten = Trockenübung für den möglichen Ernstfall) zu erlernen. Das Spiel bekommt eine andere Dynamik. Das körperliche Kräftemessen hat jetzt einen hohen Stellenwert, wodurch der Welpe das kämpferische Auseinandersetzen mit Artgenossen geschult bekommt. Der Welpe scheint jetzt etwas frecher zu werden und liefert sich kleine Mutproben, nicht nur uns gegenüber. Dieses Verhalten ist wichtig, dient es doch im Verband für die seelische Widerstandskraft und Wesensfestigkeit. In der Ausbildung bemerkt man dieses Lausbubenverhalten jetzt verstärkt.

In dieser recht lauten Phase spielt jedoch die psychische Überlegenheit eine wesentlich größere Rolle als die körperliche Überlegenheit. Führung ist eben auch eine Frage der Intelligenz und deshalb sollte man mit Korrekturen in der Erziehung und Ausbildung, besonders in dieser Zeit, recht vorsichtig sein. Die Geduld und die Konsequenz sind jetzt für mich das ideale Werkzeug, um die Beziehung fester aufzubauen und nicht stagnieren zu lassen.

In dieser Phase wird das Gefühl für Autorität noch einmal stark unterstrichen. Die ausgereifte Persönlichkeit des Leitvaters und seine erfahrungsbezogene Überlegenheit wird anerkannt. Es erfolgt eine regelrechte Prägung auf den Leitmenschen. Daher ist es für mich sehr, sehr wichtig, das Vertrauen nicht durch unüberlegte, emotionale Handlungen zu zerbrechen. Der Welpe sucht jetzt nach mentaler Stärke, auf die er sich berufen kann, um sich später selbst in dieser Stärke finden zu können. Diese Prägung hat also noch einmal eine andere Bedeutung. Man könnte sagen, dass hier eine Prägung der Gefolgschaftstreue erfolgt. Ein Grund mehr für mich, die Führung in den Welpenstunden (sollte ich mich mal in einer qualifizierten aufhalten) selbst zu übernehmen. Ich möchte ja nicht, dass mein Hund jemand anderem folgt und diesen auch noch besser findet als mich. Sie sind in diesem Alter so beeinflussbar. Lach. Wie man sieht, sind diese Phasen schnell durchlebt, und wenn man nicht aufpasst und die Entwicklung des Welpen so nebenbei gestaltet, steht der Grundstock schnell auf wackligen Säulen. Ich persönlich gebe in der Welpenausbildung 110 %. und versuche nichts dem Zufall zu überlassen. Um so mehr Ruhe habe ich hinten raus.

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Carsten Wagner

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