Wer hätte das gedacht!
Wer meinen kleinen Blog verfolgt, kennt die Geschichte von Hermann. „Hermann Unruhig“, das war früher sein Name, konnte von jetzt auf gleich in unkontrollierte Verhaltensreaktionen schlittern, die schwer zu bändigen waren. Es war unvorstellbar sich dem Gedanken hinzugeben, einen Zweithund ins Haus zu holen.
Undenkbar, unmöglich, im Leben nicht! Wie sich die Dinge im Leben entwickeln, ist schwer vorhersehbar. Warum? Weil sich das Leben im Verborgenen seinen Weg bahnt, ohne dass wir je darauf Zugriff haben werden. Und so konnten wir zu Beginn nicht im Ansatz erahnen, inwieweit sich Hermann entwickeln wird.

Bei Hermann mussten wir tiefer schauen! Wollen wir einem komplexen Verhalten auf den Grund gehen, müssen wir die Ursache – komplex betrachtet – in seinem Ursprung suchen. Doch wo ist der Ursprung des Verhaltens? Befindet er sich im Ausdruck? Oder vielleicht im Fühlen? Im Denken?
Denken wir in dieser Tiefe, sei die Frage erlaubt, wo sich der Ursprung einer Zwangshandlung befindet? Wo ist der Ursprung einer Epilepsie? Diese Fragen kläre ich in einem anderen Beitrag. Zu gegebener Zeit.
Hermann ist ein Hund, bei dem man sich alle diese Fragen hat stellen müssen! Er neigte zu Zwangshandlungen, Epilepsien, Aggressionen. Will man hier die Antwort finden, bedarf es mehr, als nur die Symptomatik zu beschreiben.
Hermann war und ist in seinen Handlungen kompliziert und umfassend. Standard und Pauschalität sind Gift für seine Entwicklung, denn er habituiert (Gewöhnung) blitzschnell jeden Ansatz und jede Veränderung. Ein Charakterzug dieser Hunde! Wir stellten die Trainingsprogramme im 3-Wochentakt um! Mit Erfolg!
Was war unser Ziel? Kein Sitz, kein Fuß, keine Gruppenübung mit Spaßcharakter. Kein klassisches Programm, das den Grundgehorsam fördern soll. Uns ging es in erster Linie darum, das Gleichgewicht seines Temperaments herzustellen. Und das gelang uns vorerst technisch! Sie glauben, dass man ein Temperament nicht verändern kann?
Oh doch! Was ein Temperament ist, wo und wie es entsteht und vor allem warum und wie es zu verändern ist, werde ich in einem meiner Seminare intensiv besprechen. Hier liegt der Schlüssel für die innere Stabilität verborgen! Ob man jeden Hund in seinem Temperament verändern kann? Auch diese Frage wird in einem meiner Seminare oder dem bald folgenden Video-Kurs geklärt.
Hermann und Frieda – wer hätte das gedacht!
Dass ein Boxer-Welpe die Gesellschaft von Hermann auf Lebzeiten verändern wird, war zu Anfang nicht zu erwarten. Wir erinnern uns! Hermann konnte niemand ertragen. Er war regelrecht bindungsunfähig! Seine Geschichte, seine genetische Disposition machten es ihm vorerst unmöglich, sich auf Nähe einzustellen.
Dazu eine Frage: Gibt es einen Grund, weshalb sich der eine Hund leichter an einen Menschen bindet, während ein anderer wiederum gleichgültig dem Menschen gegenüber seinen Tag durchlebt? Ja! Die Antwort liegt hier: Genetik – Umwelt – Beziehung. Ob ein Hund/Mensch bindungsfähig ist, liegt schlichtweg nur an einem Hormon, was gleichzeitig auch ein Neurotransmitter ist. Dieser Boten-Stoff ist die Brücke für Beziehung – Bindung!

Keine Technik, keine Philosophie, kein Trainings-Ansatz ist dafür verantwortlich, dass ein Hund bindungsfähig ist. Sie können noch so viel Liebe geben! Stimmt der Hormonhaushalt nicht und ist das Neurotransmittersystem evtl. geschädigt, ist eine tiefe Verbundenheit zum Hund/Mensch nur bedingt möglich.
Liebe ist, rational gesehen, eine biochemische Verbindung im Nervensystem. Kann man Bindungsverhalten fördern und verändern? Ja, das kann man, bis zu einem gewissen Grad!
Auch wenn es nicht der Trainingsansatz ist, der die Beziehungsfähigkeit eines Individuums gestaltet, ist der richtige Ansatz durchaus in der Lage, innere Bindungsprozesse in Gang zu setzen. Warum? Weil der hormonelle und neurologische Bindungsregulator Oxytocin, der uns in die Bindung gleiten lässt, klassisch konditionierbar ist.
Was es damit auf sich hat? Die Antwort und deren tiefe Abläufe erfahren Sie in dem bald folgenden Video-Kurs und in meinen Seminaren. Es wird Sie überraschen! Denn, das Einfache steckt so voller komplexer Zusammenhänge! Wir müssen Sie nur wahrnehmen lernen!
Wer weiß wie, kann effektiv verändern!
Herman genießt heute die Nähe und Berührungen aufgrund des taktisch aufgebauten Beziehungsprozesses. Es ist ihm heute ein Bedürfnis geworden, ein Teil von einem Ganzen zu sein. Er hat seinen Platz gefunden und hat durch den gegangenen Prozess des Lernens, die Fähigkeit des Gebens erlernt. Hermann konnte früher nie teilen!
Er schoss in die extreme Frustration, wenn man sich nur getraute, eines seiner Bedürfnisse zu verwehren. Heute akzeptiert Hermann das Verweigern. Er gibt Ressourcen frei, ohne dabei in eine seiner Extremhaltungen zu rutschen. Eine Grundvoraussetzung, um einem Zweithund ein sicheres zu Hause zu gewähren. Würde Hermann noch heute im Gebäude der Frustration leben, wären Konflikte vorbestimmt.
Zusammenführung mit System!
Hermann hat dem Welpen Frieda einen Platz an seiner Seite gegeben. Einfach so? Natürlich nicht! Wir wählten für den Zweithund einen robusten Wesenstyp aus! Keinen überdrehten Welpen. Aber auch keinen in sich gekehrten Hund. Es ist ein Welpe, dessen genetische Disposition ein hervorragendes ausgeglichenes Temperament mitbringt.
Wir mussten nicht lange suchen. Der Boxer-Zwinger „Von Eden“, Züchter Swen Preißler, war genau der Richtige dafür. Ausgeglichene Hunde, die eine Sozialisierung erfahren, welche ihres Gleichen sucht und die optimalen Bedingungen schafft, ein solches Unterfangen gelingen zu lassen.
Wie sind wir vorgegangen?
Ich erklärte Vera Lohren, dass wir uns genau 3 Wochen Zeit lassen werden, um die Zusammenführung zu vollenden. Das Welpenprogramm von „Mit Hunden leben – Hundeschule“ konzentriert sich dabei auf die tiefe Beziehung zum Halter. Vera Lohren erhielt klare und genaue Anweisungen!
Eine Notwendigkeit, um den Plan aufgehen zu lassen. Ich erklärte Vera die Zusammenhänge zwischen der Angst vor der Umwelt, der ortsbezogenen Bindung und der personenbezogenen Beziehung. Alle diese Aspekte haben einen eigenen Platz in den Entwicklungsphasen, an die wir uns möglichst genau halten sollten.
Hermann und Frieda wurden räumlich nicht getrennt. Ich hatte eine Umgebung geschaffen, in der sich die beiden über einen längeren Zeitraum geruchlich wahrnehmen konnten, ohne sich dabei zu berühren. Die Zeitspanne ist dabei entscheidend. Wir verwendeten keine Hundebox. Sie mussten sich im Raum wahrnehmen können, ohne sich zu bedrängen. Absolut erfolgreich, denn die Gewöhnung trat ein!
Auch das Welpenprogramm fruchtete wie geplant. Schon mit 9 Wochen war Frieda in der Lage, 11 Minuten eine entspannte Ablage unter Reizen zu zeigen, was uns sehr weiterhalf. Denn wir formten ihre innere Mitte. Ihren Ausgleich. Ihre Stabilität!
Dies muss in den ersten 16 Wochen geschehen. Warum, erfahren Sie an anderer Stelle! Für uns war die Zusammenführung mit Hermann eine kleine Herausforderung! Wer kann schon sagen, ob ein Welpe immer so ohne weiteres angenommen wird?
Ein Welpe ist in aller erster Linie ein Störenfried! Stellen Sie sich vor, Sie führen ein sehr ausgeglichenes Leben, mit allen Vorzügen, die man sich vorstellen kann. Sie erhalten die uneingeschränkte Aufmerksamkeit Ihres Partners. Und nun setzt man Ihnen, ohne zu fragen, ein schreiendes Baby ins Wohnzimmer, zu dem Sie keinen Bezug haben!
Ich kann Ihnen uneingeschränkt sagen, dass ich bei Amazon Prime einen Storch bestellen würde, der dieses schreiende Paket dahin bringt, wo es hingehört. Wir haben unser Kinder-Aufzuchtprogramm schon hinter uns gebracht. Nun lieben wir die Ruhe! Also wenn es nach mir geht, bestelle ich gleich zwei Störche, damit sie sich gegenseitig antreiben können, um das Kinderpaket zur wartenden Mutter im Eiltempo zurückzufliegen.
Alles kann, nichts muss!
Fazit: Ein Welpeneinzug ist nicht immer selbstverständlich. Das Zusammenführen von Hunden nicht pauschal und einfach. Dennoch: Wie jemand seine Hunde zusammenführt, ist ihm selbst überlassen! Ich wähle dabei eine Strategie, die sich an die Entwicklungsphasen der Hunde hält. Das führt bezüglich der Beziehung nach hinten raus zu mehr Ruhe.
Das Problem einer Mehrhundehaltung und deren Zusammenführung ist oft, dass sich die Hunde zu sehr an ihresgleichen ausrichten. Das kann zu Komplikationen in einer sozialen Struktur führen. Der Mensch ist dann in der Regel nur noch Statist in den Reihen der Mensch-Hund-Beziehung. Kompliziert kann es aber auch werden, wenn die Hunde ohne Verstand und Wissen einfach zusammengeworfen werden. Das kann gut gehen, muss es aber nicht!
Möchte ich so wenig Konflikte wie möglich beim Einzug eines neuen Welpen/Hundes schaffen, gehe ich mit Weitsicht und Geduld vor. Der Einzug eines Hundes ist ein Prozess des Lernens! Halten wir uns noch mal vor Augen, was Lernen tatsächlich ist: Lernen dient immer der Anpassung an die Umwelt!
Das Einziehen in einen neuen Sozialverband unterliegt dem natürlichen Prozess des Lernens. Der Fokus liegt im sozialen Bereich, im Begreifen der eigenen Stellung in der neuen Gruppe. Dies kann mitunter durch Vorbereitungen verbessert werden! Und genau das haben wir beim Zusammenführen von Hermann und Frieda eins zu eins erleben dürfen.
Merke: Mit Lernen ist hier an dieser Stelle etwas vollkommen anderes gemeint, als das Erziehungsprogramm einer klassischen Welpenspielstunde. Spiel und Freude sind ein wichtiger Teil der Welpenzeit, aber in keiner Weise die Essenz.
„Mit Hunden leben – Hundeschule“ konzentriert sich auf Stabilität, Ruhe und eine intensive, herzliche Auseinandersetzung, die ja letzten Endes zu einer Beziehung führt. Wer nur Spielen im Kopf hat, wird vom Ernst des Lebens schneller überrannt, als ihm lieb sein wird!
Nutzen Sie die Zeit! Was wir in den ersten 16 Wochen der Welpenerziehung versäumen, ist nur bedingt aufzuholen. Die Gründe liegen hierfür in der neuronalen Verflechtung von Nervenzellen. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie in einem anderen Beitrag.
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